Stellenausschreibung ohne Wirkung: Warum Ihre Jobanzeigen keine passenden Bewerber finden
Die Suche nach passenden IT-Fachkräften ist für viele Unternehmen 2025 weiterhin eine der größten Herausforderungen. Gründe sind unter anderem hoher Fachkräftemangel, veraltete Recruiting-Methoden und ineffektive Stellenanzeigen. Eine Studie des Branchenverbands Bitkom zeigt, dass in Deutschland rund 109.000 IT-Positionen unbesetzt sind — ein klares Signal, dass der Markt nicht primär an fehlenden Kandidaten, sondern an falscher Ansprache und Prozessen leidet. (Quelle: Computer Weekly / Bitkom).
Warum viele Stellenanzeigen technisch falsch liegen — Ein Überblick
„Technisch falsch“ meint hier nicht nur Tippfehler oder Rechtschreibfehler, sondern vor allem strukturelle und inhaltliche Probleme, die signifikant die Reichweite, Relevanz und Conversion Ihrer Anzeige senken. Die häufigsten Ursachen im Überblick:
- Falscher oder zu spezifischer Jobtitel (verringerte Sichtbarkeit bei Suche/Matching)
- Zu lange Anforderungslisten oder unklare Senioritätsangaben, die entmutigen
- Vage Beschreibungen der Aufgaben: Wunschlisten statt klarer Erwartungen
- Keine oder irreführende Angaben zu Vergütung, Benefits und Karrierepfad
- Sprachliche Formulierungen, die unbeabsichtigt bestimmte Gruppen ausschließen
- Mangelnde ATS- und SEO-Optimierung (keine relevanten Keywords, falsches Format)
- Lange, komplizierte Bewerbungsprozesse und schlechte Candidate Experience
Diese Punkte betreffen nicht nur das Copywriting, sondern auch Technologie, Recruiting-Strategie und HR-Prozesse. Studien zeigen außerdem, dass traditionelle Jobplattformen an Bedeutung verlieren und Recruiting sich zunehmend auf Social Media, Networking und spezialisierte Kanäle verschiebt — ein Aspekt, der bei der Kanalwahl berücksichtigt werden muss (openDEVS Whitepaper).
Falscher Jobtitel: Wie Sie mit Worten die falschen Kandidaten anziehen
Der Jobtitel ist das wichtigste Element Ihrer Anzeige: Er entscheidet darüber, ob Kandidaten klicken, ob ATS/Jobbörsen die Rolle korrekt matchen und wie Ihr Angebot in Suchergebnissen rankt.
Häufige Fehler
- Zu interne oder kreative Titel (z. B. „Code-Ninja“, „Tech-Magier“): Keine Treffer bei fachlichen Suchen.
- Zu viele Keywords im Titel („Senior Java Backend Microservices Kubernetes Engineer“): Unnatürlich, wirkt verzweifelt und verwässert.
- Ungenaue Senioritätsangabe („Lead/Manager/Senior“ in einem Titel ohne Kontext): Kandidaten wissen nicht, ob sie passen.
Best Practices
- Verwenden Sie allgemein anerkannte Titles + Spezifikation: „Senior Backend Engineer (Java/Kubernetes)"
- Wählen Sie ein primäres Such-Keyword (z. B. „Frontend Developer") und ergänzen Sie maximal ein bis zwei relevante Attribute (z. B. „React, Remote").
- Wenn mehrere Senioritätsstufen möglich sind: Erstellen Sie separate Anzeigen für Junior/Mid/Senior oder markieren Sie klar „Mitarbeit in verschiedenen Senioritätsstufen möglich".
Beispiel für effektive Titelvarianten:
- „Senior Frontend Developer (React) – Remote möglich“
- „Backend Engineer – Java / Spring Boot (Mid-Senior)“
- „Cloud DevOps Engineer – AWS, Terraform (m/w/d)“
Zu viele oder unklare Anforderungen: Seniorität, Must-haves vs. Nice-to-have
Lange Wunschlisten schrecken ab. Eine typische Stellenanzeige listet 10–20 „Must-haves“, viele davon unnötig. Studien zeigen, dass Frauen beispielsweise tendenziell weniger zu Bewerbungen neigen, wenn viele Anforderungen als „must-have" präsentiert werden.
Mindestanforderungen klar definieren
Teilen Sie Anforderungen in zwei klare Gruppen:
- Must-haves: Fähigkeiten und Erfahrungen, ohne die ein Bewerber die Rolle nicht ausfüllen kann. Beschränken Sie diese auf 3–5 Punkte.
- Nice-to-haves: Zusätzliche Skills, die willkommen sind, aber nicht zwingend erforderlich.
Seniorität richtig beschreiben
Seniorität ist kontextabhängig. Statt nur „Senior" zu schreiben, beschreiben Sie Erwartungen konkret:
- „Sie bauen eigenständig Module und führen Code-Reviews durch." (Senior)
- „Sie arbeiten mit einem Mentor zusammen und übernehmen kleinere Features." (Junior)
- „5+ Jahre Erfahrung in Backend-Architekturen und Teamführung." (Lead/Head-Level)
Praktisches Beispiel
Schlecht:
„Must: 5+ Jahre Erfahrung, Java, Microservices, Docker, Kubernetes, AWS, Teamlead-Erfahrung, CI/CD, Security, Messaging, SQL, NoSQL…“
Besser (segmentiert):
- Must: 3+ Jahre Java-Backend-Erfahrung, Kenntnisse in Microservices-Architekturen, Erfahrung mit REST-APIs.
- Nice-to-have: Kubernetes, AWS, Erfahrung mit Messaging-Systemen (Kafka), erste Führungserfahrung.
Unpräzise Aufgabenbeschreibung: Erwartungen statt Wunschlisten formulieren
Eine gute Aufgabenbeschreibung beantwortet: Was wird die Person täglich tun? Welchen Impact hat die Rolle? Welche Ergebnisse werden erwartet?
Konkrete Formulierungen
- Statt „Entwicklung von Webanwendungen" schreiben Sie „Sie entwickeln API-Endpunkte für das Zahlungsmodul und reduzieren Latenz um X%".
- Statt „Arbeiten im Team": „Sie übernehmen Ownership für ein Microservice-Team (4 Entwickler), führen Sprint Planning und Code Reviews durch."
Erwartungsorientierte Stellenbeschreibung
- Ziele der Rolle (z. B. „Reduzierung technischer Schulden, Verbesserung Performance, Implementierung neuer Features")
- Tägliche / wöchentliche Aufgaben
- Erwartete Resultate innerhalb der ersten 3/6/12 Monate
- Mitwirkende Stakeholder & Reporting-Linie
Solche Erwartungen helfen Kandidaten, die Passung besser einzuschätzen — und erhöhen die Bewerberqualität.
Vergütung, Benefits und Karrierepfad: Transparenz schafft Bewerbervertrauen
Unklare oder fehlende Angaben zu Gehalt und Benefits sind ein häufiger Abbruchgrund. In einem angespannten IT-Markt ist Transparenz ein Wettbewerbsvorteil.
Gehalt offenlegen
Geben Sie eine realistische Gehaltsspanne an (Brutto-Jahresgehalt). Studien und Marktdaten zeigen, dass offene Gehaltsangaben die Conversionrate erhöhen und irrelevante Bewerbungen reduzieren.
Benefits & Entwicklung
Stellen Sie klar heraus:
- Remote-/Hybrid-Optionen, Kernarbeitszeit
- Weiterbildungsbudget, Konferenzbesuche, Mentorprogramme
- Aktienoptionen/Bonus, betriebliche Altersvorsorge
- Kultur: Pair-Programming, Retros, On-Call-Regelungen
Karrierepfad
Skizzieren Sie mögliche Entwicklungsschritte (z. B. „Senior → Tech Lead → Architekt"). Klarheit über Perspektiven erhöht Motivation zur Bewerbung.
Quelle zum Thema unattraktive Arbeitsbedingungen: Computer Weekly / Bitkom.
Sprache und Diversität: Unbewusste Ausschlüsse vermeiden
Sprachwahl beeinflusst, wer sich angesprochen fühlt. Formulierungen können potenziell abschrecken — z. B. zu aggressive „Wir suchen Kämpfer", oder genderungünstige Phrasen.
Genderneutrale & inklusive Formulierungen
- Verwenden Sie neutrale Begriffe (z. B. „Teammitglied", „Entwickler*in" oder „m/w/d" ergänzend), ohne ausschließende Floskeln.
- Vermeiden Sie unnötige Anforderungen wie „must have X years of experience" ohne Alternative; bieten Sie aufgeschlüsselte Kriterien an.
- Beschreiben Sie flexible Arbeitsmodelle, Elternzeiten-Politik, Barrierefreiheit — das sind Signale an diverse Bewerbergruppen.
Testen Sie Ihre Texte
Nutzer Tools zur Analyse auf geschlechterspezifische Sprache oder lassen Sie Texte von diversen Teammitgliedern lesen. Achten Sie auf kulturelle Neutralität und vermeiden Sie Insider-Jargon, der Außenstehende ausschließt.
